Kein Feuer kann brennen so heiß | Ingrid Noll

 


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Lorina, wegen ihrer Plumpheit und ihrem Äußeren auch Plumplori oder nur Lori genannt, kann kochen, anpacken und ist zuverlässig. In ihrem Beruf als Altenpflegerin hat sie daher das große Los gezogen; sie hat eine Anstellung in der noblen Villa einer alleinstehenden reichen Dame ergattert. Dort lernt sie auch einen attraktiven Masseur, der ihr schöne Augen macht und einen aufs Erbe lauernden Großneffen kennen. Als dann auch noch ein Pudel und ein Baby in die Villa ziehen, erblüht die alte Dame wieder zu neuem Leben und das Chaos scheint perfekt. Diese Geschichte klingt erst einmal recht harmlos, aber da sie aus der Feder der Krimikönigin Ingrid Noll stammt, bleiben im Verlauf der Geschichte nicht alle Figuren am Leben… 

Ingrid Noll ist sich und ihrem Stil auch mit ihrem neuesten Werk “Kein Feuer kann brennen so heiß” treu geblieben. Ich finde ihre Art zu schreiben sehr zeitlos, denn man merkt eigentlich nur an Kleinigkeiten, wie einem Smartphone oder der Erwähnung von Telefonzellen, in welcher Zeit das Buch so ungefähr spielt. Ansonsten empfinde ich ihre Worte immer als sehr beschaulich, was keineswegs negativ gemeint ist. Ein Buch von Ingrid Noll zu lesen bedeutet daher für mich auch immer ein bisschen die Schnelllebigkeit und Hektik des Alltags auszusperren.

An Nolls Geschichten begeistert mich immer wieder ihre Normalität. Da gibt es keine durchgeknallten Serienkiller, sondern Menschen wie du und ich. Eigentlich mag ich, dass Nolls Figuren häufig etwas verschroben sind, in “Kein Feuer kann brennen so heiß” wirkte diese Verschrobenheit aber etwas zu künstlich und zu sehr konstruiert auf mich. Deswegen bin ich auch leider mit keiner der Figuren so wirklich warm geworden. Der Pudel war hier noch am authentischsten und vor allem die Figur, welche mich am wenigsten genervt hat. 

Normalerweise besticht Noll auch mit einem herrlich bösen Humor. Beides hat mir hier aber gefehlt und mehr als ein müdes Zucken der Mundwinkel gab es leider bei mir nicht. 

Auch Spannung ist bei diesem Roman leider nicht aufgekommen. Die Handlung entwickelt sich nur schwerfällig und bleibt ebenso wie die Protagonistin Lori plump. Ich empfinde Noll eigentlich als sehr scharfsinnig und pointiert in ihren Beobachtungen der menschlichen Psyche, habe dies aber hier vermisst. Es passiert zwar sehr viel, aber viele Handlungen tragen eigentlich nicht zur Geschichte bei und bauen erst recht keine Spannung auf. Unerwartete Wendungen kommen nicht vor, was die ganze Sache dann doch irgendwie recht vorhersehbar macht.

Nach dem Lesen habe ich das Buch zugeklappt und mich schon irgendwie gefragt, was das ganze jetzt sollte. Die Geschichte ist nett und irgendwie auch unterhaltsam, es fehlt ihr aber an Tiefe und Spannung. Mit diesem Buch konnte mich Ingrid Noll nicht ganz überzeugen. Das hat mir aber wieder einmal gezeigt, dass die älteren Romane der Autorin einfach ihre Besten sind. 

Kein Feuer kann brennen so heiß | Ingrid Noll | Diogenes | 2021 | Hardcover | 304 Seiten | ISBN: 978-3257071153 | Preis: 24 Euro