Die Wälder | Melanie Raabe

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Als Ninas bester Freund aus Kindheitstagen, Tim, unerwartet stirbt, zieht ihr das den Boden unte den Füßen weg. Vor allem, weil er kurz vor seinem Tod noch dringend versucht hat, sie zu erreichen. Er hat ihr eine geheimnisvolle Nachricht und eine Aufgabe hinterlassen. Sie soll seine vor Jahren verschwundene Schwester Gloria suchen. Dafür muss Nina zurück an den Ort ihrer Kindheit und dessen dunkle Wälder. Doch genau dorthin wollte sie nie wieder zurückkehren, denn zu schrecklich sind die Erinnerungen an das, was dort einst geschah.

Die Geschichten von Melanie Raabe sind für mich immer ein wenig wie eine Wundertüte. Denn auch, wenn der Klappentext erste Hinweise auf den Inhalt gibt, weiß man vorher doch nie so ganz, was für eine Geschichte sie dieses mal erzählen wird. Und somit habe ich mich auch sehr auf ihr neues Buch gefreut und war mehr als nur Neugierig darauf, was damals in den Wäldern wohl geschehen ist.

Melanie Raabes Schreibstil hat mir wie immer sehr gut gefallen. Sie schreibt sehr gefühls- und eindrucksvoll und schafft es auch dieses mal wieder, eine ganz besondere Atmosphäre zu erzeugen. Die Beschreibung der Wälder, des Ortes und verschiedener Situationen hat mich stellenweise sehr an Stephen Kings Schreibe erinnert – es schwingt einfach etwas nicht greifbares, bedrohliches und unheimliches mit.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, der heutigen und der damaligen. Die einzelnen Kapitel enden mit Cliffhangern, was dazu geführt hat, dass ich immer schnell noch ein Kapitel lesen wollte, um zu erfahren, was wohl geschehen ist. Irgendwann lässt diese Spannung aber merklich nach. Dafür wirkt die Geschichte an diesen Stellen zu künstlich konstruiert und ein bisschen zu gewollt. Die Figuren wussten immer mehr als der/die Leser*in erfährt. Dies hat mich irgendwann schon fast etwas genervt, ich mag diesen Erzähltrick einfach nicht. Gleichzeitig war die Geschichte häufig dann doch wieder vorhersehbar.

Im Verdacht, für Glorias Verschwinden verantwortlich zu sein, steht schon sehr früh ein Mann aus dem Dorf, Wolf. Und passend zum Namen ist er von Anfang an wie der böse Wolf im Märchen. Ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, ob er wirklich der Böse ist oder ob dies nur der kindlichen Fantasie und Vorstellungskraft entspringt? Anhand dieses Beispiels wird zumindest schön deutlich, wie Traumata entstehen.

Das Ende der Geschichte war dann rühriger als ich erwartet hätte. Die Auflösung fand ich sehr bodenständig, was sie sehr real gemacht hat. Die ganze Geschichte hätte so, oder so ähnlich wirklich passieren können. Gleichzeitig war ich über diese Auflösung doch etwas enttäuscht, ich hätte irgendwie etwas spektakuläreres erwartet.

Mit “Die Wälder” hat Melanie Raabe gute Unterhaltung geschrieben. Die Atmosphäre ist wirklich toll beschrieben, die Geschichte selbst hat leider ihre Schwachstellen. Mit den vorherigen Romanen der Autorin finde ich “Die Wälder” nur schwer vergleichbar, dafür war die Geschichte dann doch zu anders als sonst.

Die Wälder | Melanie Raabe | btb Verlag | 2019 | Broschiert | 432 Seiten | ISBN: 978-3-442-75753-4 | Preis: 16€

*Dieses Buch habe ich kostenlos zur Rezension erhalten.