Die beste Depression der Welt | Helene Bockhorst


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Vera hat versucht sich umzubringen. Das hat nicht geklappt. Dafür wurde sie für wenige Minuten berühmt, weil ihr Blogpost dazu viral ging. Jetzt soll sie einen Ratgeber zum Umgang mit Depressionen schreiben, was aber auch nicht so richtig klappt. Kein Wunder, denn Vera ist ja immer noch depressiv. Und so versucht sie mit Meditation, Koks, Lach-Yoga, Sex oder gesundem Essen einen Weg aus der Depression zu finden. Doch auch das scheint zum scheitern verurteilt zu sein, bis sie lernt, sich ihren Problemen zu stellen.

“Heutzutage reicht es nicht mehr, irgendeine Depression zu haben. Man hat immer dieses nagende Gefühl, andere Leute könnten bessere Depressionen haben. Mit meinem Buch kann jetzt endlich jeder Die beste Depression der Welt haben.” Helene Bockhorst

Von Helene Bockhorsts Auftritten habe ich immer wieder mal Videos gesehen. Als ich dann in der Verlagsvorschau gelesen habe, dass sie ein Buch geschrieben hat, wanderte es direkt auf meine Wunschliste, zumal mich Klappentext und Cover mehr als neugierig gemacht haben. Nachdem ich im Buch von Karl dem Kampffisch und Veras Begeisterung für Aquascaping (Kunstvolle Form der Gestaltung von Aquarien) gelesen habe, finde ich das Cover noch gelungener, als sowieso schon.

“Die beste Depression der Welt” ist aber trotzdem kein Buch über Fische, sondern eines über Vera und ihre Depression. Bücher über Depressionen sind ja immer so eine Sache. Mal sind sie mir zu hoffnungslos, mal zu künstlich positiv, mal zu klugscheißend oder wirken aus verschiedenen anderen Gründen nicht auf mich. Helene Bockhorst schreibt mal lustig, mal traurig, aber immer sehr real und mitten aus dem Leben gegriffen und trifft damit genau den richtigen Ton. Ich mag ihre Ausdrucksweise und Sprache. Gut gefällt mir auch, dass sie verdeutlicht, dass Menschen mit Depressionen nicht automatisch humorlos sind.

Die Autorin gibt in ihrem Roman einen guten Einblick, wie ein Leben mit einer Depression während einer akuten Episode sein kann. Sie verharmlost nichts, sie redet nichts schön. Vor allem aber verurteilt oder ermahnt die Autorin ihre Protagonistin nicht, wenn diese es wieder nicht schafft zu Duschen und sich freut, wenigstens die Unterhose gewechselt zu haben.

Vera versucht auf ihrem ganz persönlichen Weg der Heilung ganz unterschiedliche Methoden. Sie geht zum Lach-Yoga und zur Massage, besucht eine Schamanin und fliegt nach Japan. Sie beschäftigt sich aber auch mit Sylvia Plath, ihrer Kindheit und ihrer Familie. Und zwischendurch hat sie das ein oder andere skurrile Date und noch skurrileren Sex. Mir hat daran sehr gut gefallen, dass Helene Bockhorst somit zeigt, dass es nicht DEN EINEN Weg gibt, um Depressionen zu behandeln und dass nicht jede Depression gleich verläuft. Für mich ist dies eine der Kernaussagen des Romans. Auch wenn mir die Geschichte an sich nicht immer ganz so gefallen hat, so hat das Buch doch alleine wegen dieser Botschaft schon fünf Sterne verdient.

“Die beste Depression der Welt” ist ein empfehlenswerter Roman – auch für diejenigen, die eigentlich nichts mehr über Depressionen lesen möchten und insbesondere für diejenigen, die denken Depressive müssen sich nur ein bisschen zusammenreißen und mal wieder spazieren gehen und dann wird das schon alles wieder.

Die beste Depression der Welt | Helene Bockhorst | ullstein | 2020 | Hardcover | 316 Seiten | ISBN: 9783550200762 | Preis: 20€

[*Dieses Buch habe ich kostenlos zur Rezension erhalten]