Das Mädchen, das in der Metro las | Christine Féret-Fleury

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Ich lese gerne Bücher, in denen Bücher und die Literatur eine wichtige Rolle spielen. Ein Buch über ein Lieblingsthema, wessen bibliophiles Herz schlägt da auch nicht höher? “Das Mädchen, das in der Metro las” von Christine Féret-Fleury ist so ein Buch über die Liebe zur Literatur und verspricht auch noch französischen Charme, was mich schon in der Verlagsvorschau sehr angesprochen hat.

Juliette führt ein geregeltes Leben in Paris. Abweichungen von der Routine machen ihr Angst, weswegen Juliette sie vermeidet. Sie kauft das gleiche Waschmittel wie schon ihre Mutter, sie fährt jeden Tag mit der gleichen Metrolinie und sie geht jeden Tag ins Büro, obwohl ihre Arbeit ihr schon lange nicht mehr gefällt. Doch langweilig ist ihr Leben nicht, denn Juliette liebt Bücher und das Lesen. Als sie eines Tages zwei Stationen früher als sonst aus der Metro aussteigt, lernt sie Soliman und seine Tochter Zaide kennen. Soliman lebt inmitten von Büchern und glaubt, dass jedes Buch die Kraft hat ein Leben zu verändern. Doch es sind nicht nur die Bücher, sondern auch die Begegnung mit Soliman, die für Juliette alles verändert.

Es hätte alles so schön werden können. Doch leider hat mich “Das Mädchen, das in der Metro las” enttäuscht. Das beginnt schon mit dem Titel, denn eigentlich liest Juliette nicht in der Metro, sondern beobachtet andere Leute und was sie in der Metro lesen. Und ein Mädchen ist Juliette mit Anfang 30 auch nicht mehr. Mit Juliette bin ich nicht warm geworden. Sie blieb für mich völlig blass und ohne jegliche Konturen. Auch die anderen Figuren waren mir viel zu schwach dargestellt. Dadurch fehlt es der ganzen Geschichte an Persönlichkeit, denn die Figuren sind austauschbar. Einzig Zaide wirkte auf mich lebendig.

Wenig lebendig wirkte auf mich auch die Sprache der Autorin Christine Féret-Fleury. Sie verwendet viele lange Schachtelsätze. Häufig enthalten diese Sätze auch völlig sinnlose Informationen, für die es aber keinen weiteren roten Faden gibt. Ich fand den Schreibstil nicht angenehm zu lesen und war am Ende richtig genervt davon.

“Das Mädchen, das in der Metro las” handelt nicht nur von Büchern, sondern spricht im Ansatz verschiedene Themen an. Juliette ist sehr ängstlich und lernt im Laufe der Geschichte mal was Neues zu wagen und sich ihren Ängsten etwas zu stellen. Die Umsetzung dieses Handlungszweigs ist jedoch zu schwach und wirkt dadurch nicht glaubwürdig.

Der nun folgende Absatz enthält einige inhaltliche Spoiler. Wer dies nicht lesen möchte, springt bitte zum nächsten Absatz weiter.

Soliman versteckt sich in seinem Büro hinter Bücherstapeln und verlässt es nicht. Wie finanziert er sein Leben und das Leben seiner Tochter? Juliette kündigt ihren Job und auch bei ihr ist nicht ganz klar, wie sie ihr Leben finanziert. Sie hat ihre geerbte Eigentumswohnung untervermietet, wodurch ein bisschen Geld reinkommt. Aber das kann unmöglich zum Leben reichen. So schön die Vorstellung auch ist, von Luft und Liebe und Büchern kann niemand leben. Noch unglaubwürdiger wurde dann Solimans Verhalten, als er Paris verlässt und sein Kind in der Obhut Juliettes lässt, die er bis dahin aber nur ein paar mal gesehen hat. Hallo? Wer überlässt sein Kind denn einer Fremden, vor allem wenn die Mutter in der Nähe lebt? Ich finde diese beiden Handlungszweige sehr realitätsfern.

Die Grundidee zu “Das Mädchen, das in der Metro las” von Christine Féret-Fleury ist schön, das Ergebnis nicht. Auf mich wirkt das Buch so als hätte die Autorin versucht eine schöne Geschichte mit Büchern und Pariser-Amelié-Flair zu kreieren, ohne eine wirkliche Idee zu haben was sie eigentlich genau erzählen möchte. Verschachtelte Sätze, blasse Figuren und realitätsferne Handlungsverläufe und dazu wahllos eingeworfen etliche Buchtitel und Autorennamen weil ja irgendwie auch Bücher eine Rolle spielen müssen, das konnte mich alles nicht überzeugen.

Aber um nicht nur Kritik zu äußern: das Buch hat nur 176 Seiten, das hat mir gut gefallen.


Aktion: #meinLesemoment

Vor einigen Wochen erhielt ich per E-Mail eine Anfrage, ob ich Lust hätte “Das Mädchen, das in der Metro las” zu lesen und auch zu verschenken. Da mich das Buch schon in der Verlagsvorschau angesprochen hat, hatte ich natürlich Lust dazu. Während des Lesens kam mir dann auch eine Idee, wie ich das Buch verschenken werde. In der Geschichte spielt das Prinzip von Bookcrossing eine Rolle, und diese Idee gefällt mir. Also habe ich das Buch mit ein paar Infos und meinen Kontaktdaten versehen und werde es aussetzen. Wo? In der Straßenbahn natürlich! Und nun bin ich sehr gespannt, ob sich in der nächsten Zeit die Finderin oder der Finder bei mir melden wird. Vor allem hoffe ich aber, dass “Das Mädchen, das in der Metro las” der Person, welche das Buch findet, besser gefällt als mir.

Weitere Informationen zum Buch:

Das Mädchen, das in der Metro las | Christine Féret-Fleury | Übersetzung: Sylvia Spatz | 2018 | DUMONT | Hardcover | 176 Seiten | ISBN: 978-3-8321-8994-5 | Preis: 18€

*Werbung: Das Rezensionsexemplar und das Verschenkexemplar habe ich kostenlos erhalten. Dies war mit keinerlei Bedingungen verknüpft. Eine weitere Vergütung erfolgte nicht.