"Goodbye Jehova! Wie ich die bekannteste Sekte der Welt verließ" von Misha Anouk

"Was passiert eigentlich auf der anderen Seite der Tür, wenn du sie den Zeugen Jehovas vor der Nase zuschlägst?"(Quelle: Klappentext, rororo)
Misha Anouk wurde in eine Familie Zeugen Jehovas geboren. Mit 14 ließ er sich taufen.  Mit 20 stieg er aus. In "Goodbye Jehova" erzählt er von seinem Leben mit dem ständigen Weltuntergang im Nacken, davon wie es ist, von Haustür zu Haustür zu laufen und von einer Pubertät unter Jehovas strengem Blick. Er klärt jedoch auch über die Strukturen der Wachtturm-Gesellschaft und der Zeugen Jehovas auf und liefert viele Informationen und Hintergrundwissen.


Bislang hielt ich die meisten Zeugen Jehovas immer für mehr oder weniger harmlose Menschen mit konservativer Kleidung, die an "irgendwas mit Jehova und dem Weltungergang" glauben und bei Wind und Wetter freundlich lächelnd in der Fußgängerzone stehen. Und ein paar Allgemeinheiten wusste ich auch, das war es aber schon. Misha Anouk war mir durch Twitter, Blog & Co. jedoch bekannt und ich war sehr neugierig auf sein Buch.

Das Buch lässt sich wirklich sehr gut lesen. Die Schreibe des Autors hat mir gefallen, er schreibt leicht verständlich, humorvoll und manchmal bissig. Aus meiner Sicht eine wirklich gelungene Mischung, die dazu führte, dass ich das Buch recht schnell gelesen habe. Misha Anouk zitiert häufig aus Texten der Wachtturm-Gesellschaft und anderen Quellen. Der Lesefluss wird nicht unterbrochen und das Buch wirkt dadurch trotzdem weder trocken noch langweilig.

Ich fand es sehr interessant zu erfahren, wie die Zeugen Jehovas und die Dachorganisation, die Wachtturm-Gesellschaft, aufgebaut sind. Es ist erschreckend, dass die Wachtturm-Gesellschaft ein ganz schön krasser Verein ist, der gar nicht so harmlos ist, wie es scheint. Der Autor belegt immer wieder, wie widersprüchlich die Wachtturm-Gesellschaft und somit das ganze System ist. Er zeigt jedoch auch warum das System trotzdem so gut funktioniert.

Doch auch die biografischen Elemente des Buches sind sehr interessant. Man erfährt, wie es ist, in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas aufzuwachsen und ihren Regeln und Moralvorstellungen unterworfen zu sein. Gut nachvollziehbar sind auch die ersten Zweifel, die dem Autor bereits in jungen Jahren immer wieder kommen und warum er diese immer wieder verdrängt hat. Den Entschluss, auszusteigen und sich der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas abzuwenden konnte ich gut nachvollziehen, fand ihn jedoch auch mutig. Denn der Ausstieg bedeutet nicht nur, dass man alle sozialen Kontakte zu Familie und Freunden bei den Zeugen Jehovas verliert, sondern auch alleine in einer bis dahin fremden Welt zurecht kommen muss.

"Goodbye Jehova! Wie ich die bekannteste Sekte der Welt verließ" ist eine gelungene Mischung aus Biografie und Sachbuch. Der Autor klärt auf, kritisiert, erzählt und warnt. Über seine Eltern und die Zeugen Jehovas allgemein berichtet er jedoch - trotz allem - mit Respekt, was den Autor auf mich sehr authentisch wirken lässt und ihn auch aus menschlicher Sicht sympathisch macht.

Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen und ich kann nun nur noch eine ganz klare Leseempfehlung aussprechen!

Goodbye Jehova! Wie ich die bekannteste Sekte der Welt verließ | Misha Anouk | rororo | 2014 | Taschenbuch | 544 Seiten | ISBN: 978-3-644-53041-6 | Preis: 9,99€