"Das Bücherzimmer" von Rosemarie Marschner


Marie Zweisam wächst als uneheliches Kind auf einem Dorf in der Nähe von Linz auf. Obwohl sie sowohl intelligent und gebildet als auch hübsch ist, haftet das Stigma des Bastards an ihr. Deswegen wird sie mit 14 Jahren in die Stadt geschickt, um dort als Dienstmädchen zu arbeiten und eine bessere Zukunft zu erhalten, als es ihr auf dem Dorf möglich wäre.  Ihr Leben in der Stadt ist geprägt von harter Arbeit und Einsamkeit. Als sie den Bäckerssohn Franz Janus kennenlernt und heiratet, scheint die Einsamkeit der Vergangenheit anzugehören. Doch mit der Veränderung der politischen Lage und der Annektierung Österreichs durch Hitler, verändert sich auch Maries Leben…

Zu Beginn der Geschichte wird sehr ausführlich Maries Leben erzählt. Anfangs fand ich dies noch interessant zu lesen, die Spannung ist jedoch recht schnell der Langeweile gewischen, denn ich finde, dass sich dieser Part zu sehr zieht. Jeder Tag verläuft gleich und es geschieht einfach nichts Erwähnenswertes. Am Rande gibt es immer wieder mal kleine Anmerkungen zur aktuellen politischen Lage, wirklich ausführlich sind diese jedoch nicht. Deswegen habe ich mehr als die Hälfte des Buchs einfach als langweilig und langatmig empfunden. Mehrfach habe ich überlegt, es auf Seite zu legen und etwas anderes zu lesen. Da ich jedoch ständig gehofft habe, dass die Geschichte doch noch interessant wird, habe ich durchgehalten und wurde dafür auch belohnt.

Denn die letzten 100 Seiten haben es dann wirklich in sich. Hier ist es mir endlich gelungen, einen Bezug zu Marie aufzubauen, und ich habe richtig mit ihr mitgefiebert und ihre Geschichte ist mir sehr nahe gegangen. Auf diesen letzten 100 Seiten ist die vorherige Langeweile dann auch wie weggeblasen, da die Geschichte sich endlich weiterentwickelt.

Den Charakter der Marie, der Protagonistin, fand ich sehr interessant. Ich hatte zwar meine Probleme mit ihr und konnte erst spät eine Beziehung zu ihr aufbauen, fand es jedoch interessant zu sehen, wie reflektiert sie ist. Gut gefallen haben mir auch ihre Gedanken, welche sich geprägt von ihrem äußeren Umfeld stark damit beschäftigen, wer sie ist und wohin sie gehört.

Interessant fand ich an diesem Buch den Einblick in das Leben der Österreicher zur Zeit des Nationalsozialismus. Rosemarie Marschner zeigt deutlich, wie die Menschen unter der Führung Hitlers und den damit verbundenen Veränderungen gelitten haben. Dabei geht sie hier sehr auf das alltägliche Leben der Menschen ein und lässt die direkte Politik eher außen vor. Manchmal fand ich dies etwas schade, und hätte es schön gefunden, wenn die Autorin ein wenig mehr auf die Politik eingegangen wäre. Andererseits ist „das Bücherzimmer“ natürlich ein Roman und kein Geschichtsbuch. Genauso interessant fand ich den Einblick in das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit mit ihren festgeprägten Rollen und dem sehr stark ausgeprägten Schubladendenken.

Fazit: 

Nachdem die Geschichte lange nur so vor sich hinplätschert, haben mir die letzten ca. 100 Seiten dann doch noch sehr gut gefallen.  Und obwohl ich mehrfach überlegt habe, das Buch abzubrechen, würde ich Frau Marschners Werk nicht allgemein als schlecht bezeichnen. Ich glaube, dass ich in diesem Fall einfach nicht die richtige Leserin für dieses Buch bin.



Rosemarie Marschner / Das Bücherzimmer / dtv / 2004 / Taschenbuch / 413 Seiten / ISBN: 9783423210997 / Preis 8,95€ /