"Der Anschlag" von Stephen King



Jake Epping lebt ein völlig normales Leben, welches sich mit der Ankündigung seines Freundes Al schlagartig ändert. Al hat eine Möglichkeit gefunden, in die Vergangenheit zu reisen, genauer gesagt ins Jahr 1958. Al überredet Jake dazu, in die Vergangenheit zu reisen, um das Attentat auf J.F. Kennedy zu vereiteln und somit eine der größten Wunden der amerikanischen Geschichte zu verhindern. Im Jahr 1958 trifft Jake nicht nur auf ein völlig anderes Leben, sondern auch auf Sadie, die zur Liebe seines Lebens wird. Doch die Vergangenheit ist eigenwillig und lässt sich nicht so leicht ändern, wie anfangs gedacht…

Auch wenn ich bislang nie ein großer Fan von Stephen King gewesen bin, hat mich dieses Buch sehr gereizt, weil ich die 50er mag und mich für das Leben zu dieser Zeit interessiere. Ich habe bislang lediglich ein Buch von King gelesen, welches ich so langweilig fand, dass ich es nach der Hälfte abgebrochen habe. Deswegen war ich gespannt, ob es mir mit dem Anschlag ähnlich ergehen wird, oder ob Herr King es schafft, mich über 1056 Seiten hinweg zu fesseln. Das Buch hatte einige vermeintliche Längen, welche eigentlich keine Längen waren, sondern mir auf Grund der Länge des Buches nur so vorkamen. Davon abgesehen ist es jedoch durchgehend spannend, wozu auch die immer wieder vorkommenden Cliffhanger beitragen. Während des letzten Drittels des Buchs hebt King den Spannungsbogen enorm an, so dass ich ab da nur noch so durch die Seiten geflogen bin, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte endet.

Jake hat mir als Protagonist gut gefallen. Er ist sympathisch, kein typischer Held, sondern der normale Typ von nebenan, der eben zufällig in eine solche Geschichte gezogen wird. Und dennoch wächst er durch die Situation über sich hinaus und gewinnt an neuer Stärke. Die Entwicklung dieser Figur wird gut deutlich und es war interessant, dies zu beobachten. Auch habe ich schnell ein gutes Gespür für Jake bekommen. Auch Sadie wird von King gut beschrieben, und dennoch hatte ich immer das Gefühl, sie gar nicht zu kennen und nicht richtig zu wissen, was sie und ihr Wesen ausmacht. Die weiteren Protagonisten hingegen sind gut dargestellt, und der Leser erhält ein klares Bild dieser Figuren. Besonders gefallen hat mir, wie King die menschlichen Unterschiede dargestellt und herausgearbeitet hat.

Neben der gelungenen Darstellung der Protagonisten, konnte King mich auch durch die Beschreibung von Orten und Situationen beeindrucken. Die ganze Geschichte ist atmosphärisch sehr dicht und richtig greifbar, so dass ich häufig das Gefühl hatte, direkt dabei zu sein. Die einzelnen Handlungsorte sind mir nicht bekannt und dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, Dallas, Derry und die anderen Orte zu kennen.

Bislang habe ich mit King Grusel und Horror verbunden und war daher sehr positiv überrascht, wie romantisch und gefühlvoll er die Liebesgeschichte zwischen Sadie und Jake beschrieben hat. Ich hätte wirklich nicht gedacht, solche Emotionen beim Lesen vorzufinden und hatte während des Lesens mehr als einmal eine Gänsehaut.

Während des Lesens habe ich nicht nur über die Handlung nachgedacht und darüber, wie das Buch wohl enden mag, sondern auch über einige moralische Fragen, welche King zwar nicht direkt anspricht, welche aber trotzdem nicht ausbleiben. Am lautesten war in meinem Kopf die Frage danach, ob das Leben des einen Menschen mehr wiegt als das des anderen? King beantwortet diese Frage auf seine eigene Art durch Jakes Handlungen.

Obwohl man einige Handlungsstränge grob vorhersehen kann, war die eigentliche Handlung dann doch immer anders als gedacht und so gab es beim Lesen die ein oder andere kleine Überraschung. Schon recht früh hatte ich eine Vermutung bezüglich des Endes und grob hat sich diese Vermutung dann auch bestätigt. Mir hat das Ende sehr gut gefallen und für mich war es der perfekte Abschluss für diese spannende Geschichte.

Fazit: 


Obwohl ich mit einigen Zweifeln an das Buch herangegangen bin, konnte Stephen King mit seinem Schreibstil diese Zweifel schnell beseitigen. Der Anschlag hat mir wesentlich besser gefallen, als vorab vermutet. Besonders erfreut hat mich die Vielseitigkeit der Geschichte, welche dazu beiträgt, dass es nie langweilig wird.


Stephen King: Der Anschlag / Heyne Verlag, Januar 2012 / Hardcover / 1056 Seiten / ISBN: 978-3453267541 / Preis: 26,99€