Die Terranauten | T.C. Boyle


Anfang der 90er Jahre lassen sich vier Frauen und vier Männer, die Terranauten, auf ein wissenschaftliches Experiment ein. Zwei Jahre lang leben sie in einem geschlossenen Ökosystem namens "Ecosphere 2“ unter einer riesigen Glaskuppel. "Nichts rein und nichts raus" ist das Motto der Mission. Unter ständiger Beobachtung der Medien, neugierigen Touristen und den Leitern des Experiments, Mission Control, durchleben die 8 Terranauten Hunger, harte Arbeit und monotone Tagesabläufe. Der anfänglich herrschende Teamgeist schwindet nach und nach und wird vollends auf die Probe gestellt, als etwas unvorhergesehenes passiert, was die ganze Mission in Gefahr bringt.

"Aber ihr seid doch keine Märtyrer, hieß es dann. Ihr seid nicht wirklich auf dem Mars. Es geht nicht um Leben und Tod. Das sagten die Leute - und vielleicht sagen auch Sie es gerade-, aber sie hatten unrecht. Ein Schwur ist ein Schwur: nichts rein, nichts raus." Seite 48

"Die Terranauten" ist mein erster Roman T. C. Boyles. Sein Schreibstil hat mir auf Anhieb wirklich gut gefallen, denn er lässt sich locker und leicht lesen. Somit ist es mir sehr schnell gelungen in die Geschichte einzutauchen. Boyle schreibt sehr bildhaft und kann sehr gut beschreiben. Als ich mir nach dem Lesen Bilder der "echten" Ecosphere 2 angeguckt haben, waren diese sehr nah an dem, was Boyle beschrieben hat, was mich noch einmal von seinem Können überzeugt hat.

Das im Roman beschriebene Experiment gab es wirklich und dieses Wissen hat den Roman für mich noch einmal realer gemacht, auch wenn die im Roman agierenden Terranauten Boyles Fantasie entsprungen sind. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive dreier Terranauten erzählt, zwei von ihnen leben drinnen, einer draußen. Leider sind alle Figuren furchtbar unsympathisch, ich-bezogene Egoisten die wie einer Gehirnwäsche unterzogen glauben die Welt zu retten. Sympathische Charakterzüge entdeckt man an den Figuren kaum, dafür tun sich jede Menge menschliche Abgründe auf. Dieser unsympathische Haufen hat es daher oft schwer gemacht das Buch zu mögen und ich war während dem Lesen oft genervt davon. Dennoch passt dies gut zur Geschichte und auch vor dem Mut des Autors, eine Geschichte ohne irgendwelche Sympathieträger zu schreiben, ziehe ich meinen Hut.

Ich hatte mir mehr soziale Interaktion zwischen den einzelnen Terranauten erhofft. Aber irgendwie geht es nur um Sex, Tratsch und Eifersucht. Dschungelcamp meets Big Brother. Ich fand dies ziemlich belanglos und leider auch langweilig. Erst gegen Ende des Buchs werden die Beziehungen der Figuren untereinander wieder interessanter.

Die Geschichte selbst plätschert lange Zeit nur so vor sich hin und es passiert nicht wirklich etwas interessantes. Auch bleibt die Geschichte erst einmal recht oberflächlich und hält sich auch mit Informationen zurück. Mehr als einmal habe ich mich gefragt was die da eigentlich genau machen?

"Die Leute begriffen nicht, was das Besondere an E2 war: Es war eine mögliche Welt, und die Absicht war, sie im Laufe von hundert Jahren nach und nach so zu verändern, dass es eine ideale Welt sein würde." Seite 386

Die letzten 200 Seiten zu Lesen haben mir dann noch einmal einiges abverlangt. Ich war genervt von den Protagonisten und gelangweilt von der lahmen Geschichte. Keine sonderlich motivierende Mischung, dennoch wollte ich das Buch unbedingt zu Ende lesen. Gegen Ende wurde es dann aber wieder spannender, dennoch war ich froh, als ich das Buch zuschlagen konnte.

Trotz der vielen Kritikpunkte fand ich das Buch nicht so schlecht, wie es jetzt vielleicht klingt. Boyle konnte mich von seinem schriftstellerischen Können überzeugen. Dass die Figuren nicht sympathisch waren, war zwar fordernd beim Lesen, passt aber zur Geschichte. Denn ganz ehrlich, wer sich zwei Jahre lang in einen Glaskäfig schließen lässt in der Hoffnung ein bisschen Ruhm zu erlangen, ist für mich schon irgendwie besonders gestrickt. Auch das Thema an sich finde ich sehr interessant und hier hat Boyle meiner Meinung nach einiges an Potential verschenkt, denn ich glaube, das hätte man auch etwas spannender machen können. Oder alternativ um einige Seiten kürzer. Geschadet hätte weder das eine, noch das andere.

Die Terranauten | T.C. Boyle | Übersetzer: Dirk van Gunsteren | Hanser Verlag | 2017 | Hardcover | 608 Seiten | ISBN: 978-3446253865 | Preis: 26 Euro