Ich gebe dir die Sonne | Jandy Nelson


JudeundNoah. NoahundJude. Die Zwillinge Jude und Noah sind eng miteinander verbunden und dennoch völlig unterschiedlich. Während Noah eher introvertiert ist, tolle Bilder malt und sich Hals über Kopf in einen Jungen verliebt, entdeckt die extrovertierte Jude roten Lippenstift, waghalsige Sprünge von der Klippe, Partys und Jungs.
Jude. Noah. Einige Jahre später reden die beiden kaum noch miteinander. Von der Verbundenheit der Zwillinge scheint kaum noch etwas übrig zu sein. Doch was ist passiert, was nicht nur das Leben der beiden, sondern auch ihre Beziehung zueinander so grundlegend verändert hat?

Auf dieses Buch bin ich unheimlich neugierig gewesen. Gefühlt jeder hat es gelesen, ständig ist es in meinem Feed bei Instagram aufgetaucht und meine Neugierde wuchs immer mehr. Dass ich keine wirkliche Vorstellung vom Inhalt hatte, tat meiner Neugierde keinen Abbruch. Entsprechend hoch sind meine Erwartungen an Jandy Nelsons Roman "Ich gebe dir die Sonne" gewesen.

Nach den ersten Seiten war ich erst einmal enttäuscht. Ich kam überhaupt nicht mit dem Schreibstil der Autorin zurecht. Ich musste mich sehr auf das Gelesene konzentrieren und hatte am Ende einer Seite das Gefühl, nicht mehr zu wissen, was am Anfang der Seite stand. Am ersten Tag habe ich das auf die Müdigkeit geschoben, am zweiten Tag auch, am dritten Tag hab ich über einen Abbruch nachgedacht. Ab etwa Seite 100 hat mich das Buch dann aber total gepackt und ich konnte es kaum noch aus der Hand legen. Es lohnt sich also, ein bisschen Geduld mit dem Buch zu haben.

Jandy Nelsons Schreibstil ist sehr besonders. Sie schreibt mit einer Wort- und Bildgewalt, die einzigartig ist. Ihre Worte sind wie bunt leuchtende Bilder, jedes für sich mit einer immensen Wucht und Leuchtkraft. Sie benutzt unheimlich viele unterschiedliche Wörter, erfindet auch manche Wörter neu und zeigt, wie vielfältig Sprache sein kann.

Doch nicht nur die farbenfrohe und bunte Sprache macht dieses Buch zu etwas besonderem, sondern auch die Geschichte von Jude und Noah hat mir gut gefallen. Die Geschichte wird abwechselnd aus Judes und Noahs Sicht erzählt. Dabei erzählt Jude meistens aus dem heute, dem "danach", während Noah meist aus dem "davor" berichtet. Inhaltlich ist "Ich gebe dir die Sonne" sehr vielseitig. Da ist Noah, der sich mit seiner Homosexualität und den damit verbundenen Hänseleien, aber auch der ersten Verliebtheit auseinandersetzen muss. Da ist Jude, die sich zur Bewältigung ihrer Verluste in Geister und Aberglauben zurückzieht, die hat was sie nicht wirklich will und vermisst was sie nicht hat. Trotz dieser Vielseitigkeit ist der Roman nicht überladen, so dass all die kleinen Mosaikteilchen am Ende ein stimmiges Gesamtbild ergeben.

Ich bin wirklich froh darüber, das Buch nicht abgebrochen zu haben. Und rückblickend verstehe ich auch, warum das Buch am Anfang seine Zeit gebraucht hat. Für diese Geduld wurde ich dann aber auch mit einer vielseitigen Geschichte belohnt, die mich sehr berührt hat. Das Durchhalten hat sich also gelohnt.

Ich gebe dir die Sonne | Jandy Nelson | cbt | 2016 | Hardcover | 480 Seiten | ISBN: 978-3570164594 | Preis: 17,99€